Was noch kommt und was Sie verpasst haben:
21. Oktober: Zur Lage und Politik der Europäischen Union
In den EU-Ländern regieren patriotische Europäer. Der Grundwiderspruch der die EU bildenden Nationen seit deren ersten Anfängen in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts besteht darin, einerseits als Projekt von Nationalstaaten mittels der EU weltweite Geltung vor allem gegenüber den USA zu erlangen, andererseits aber die nationale Souveränität nicht aufgeben zu wollen. Dies gilt nicht nur für die Eliten, sondern auch für die überwiegende Mehrheit der Bevölkerungen, die auf ihrem gewohnten Patriotismus beharren.
Nun hat die Krise eine Vorstellung bekanntlich gründlich blamiert: die Vorstellung nämlich, dass alle beteiligten Nationen, vor allem die, die sich dem einheitlichen Geld namens Euro angeschlossen haben, in gleicher Weise erfolgreich sind. Stattdessen haben wir es mit einer Scheidung der beteiligten Nationen in Gewinner und Verlierer zu tun. Dies führt in den Bevölkerungen der einzelnen Länder, und zwar nicht nur den der Gewinner, sondern auch den der Verlierer, die sich harte Verarmungsprogramme aufdrücken lassen und Eingriffe in ihre nationale Fiskalpolitik hinnehmen mussten, zu erheblichem Unmut und den entsprechenden nationalistischen Reaktionen. Viele empfinden die EU und ihre Krisenpolitik als eine einzige Zumutung.
Hinzu kommen weltweite Fluchtbewegungen mit gewissen Konsequenzen auch für Europa. Auch bei diesem Thema definieren die einzelnen Länder ihre Interessen ganz unterschiedlich, ja sogar in teils konfrontativer Weise gegensätzlich. Wie schon in der Krisenpolitik auf ökonomischem Gebiet tun sich in der Frage Flucht und Migration tiefe Gräben auf, nicht zuletzt zwischen der Bundesrepublik, die mit klaren Ansprüchen an die anderen Nationen herantritt, und Ländern, die ihr nationales Interesse gänzlich anders als Deutschland definieren und bilanzieren.
Diese Gesamtlage wird noch berührt von einer US-Präsidentschaft, die ihrerseits dabei ist, die eigenen nationalen Interessen neu zu definieren und die Beziehungen zur Welt neu zu ordnen.
Referent:
Frank Lamers, Freier Journalist
Anmeldeschluss: Freitag, 13. Oktober 2017
Seminarbeginn: Samstag 21. Oktober 2017, 10:00 Uhr
Seminarende: Samstag, 21. Oktober 2017, 17:30 Uhr
Teilnahmebeitrag: 5 Euro
Seminarort: DGB-Haus München, Schwanthalerstraße 64, 80336 München
Anmeldung: per Mail
23. September: Religionskritik – historisch und aktuell
Wenn auch die Masse der Gläubigen der großen Weltreligionen nicht mehr allzu viel glaubt, gibt es doch immer mehr Religiosität bis hin zum Fanatismus. Mit dem Philosophen und Hegel-Schüler Ludwig Feuerbach kam es im 19. Jahrhundert zu einer wichtigen Änderung der religionskritischen Argumentationsmuster. Es ging von da an nicht mehr um die Wahrheit oder Unwahrheit von Offenbarungen und Dogmen, sondern um die Entzifferung ihres menschlichen Sinns. Marx hat diese neue Religionskritik umgemünzt in die Kritik einer unmenschlichen gesellschaftlichen Wirklich-keit, Freud hat sie aufgegriffen für die Heilung seelischer Leiden.
Im Seminar wollen wir uns zunächst darüber austauschen, welche Rolle Religion in unserer eigenen Entwicklung gespielt hat und welche Zweifel zu Veränderungen geführt haben, bzw. zum Aufgeben religiöser Gewissheiten. Diese Einstiegsaspekte werden wir dann mit den verschiedenen religionskritischen Argumentationsmustern seit der „Aufklärung“ vergleichen.
Besondere Aufmerksamkeit widmen wir dann der „kopernikanischen Wende“ in der Religionskritik, für die der Name Ludwig Feuerbach steht. Bei ihm gibt es zugleich einfühlendes Verstehen der religiösen Gefühle wie auch die Ablehnung der theologischen Rechtfertigung der Religion.
Für die Art und Weise, wie Marx die Feuerbachsche Religionskritik aufgegriffen hat, steht vor allem seine „Einleitung zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie“. Aber auch im „Kapital“ taucht die Religionskritik wieder auf: Im Band 1 nämlich, beim Thema Waren- und Geldfetischismus. Anhand dessen kann die religiöse Befangenheit von der „bürgerlichen Ideologie“ unterschieden werden, die Marx als gesellschaftlich notwendig falsches Bewusstsein verstand. Daraus auszubrechen gelingt nach Marx nicht einfach im Kopf, sondern nur durch eine „revolutionäre Praxis“, durch die Selbstbefreiung der lohnabhängigen Klasse mittels der solidarischen, emanzipatorischen und selbstbestimmten Aktion.
Zum Abschluss des Seminars wollen wir darüber diskutieren, inwieweit und in welcher Weise Religionskritik gegen religiösen Fanatismus wirksam werden kann.
Referent:
Dr. Manuel Kellner, Buchautor, Publizist und Dozent in der Erwachsenenbildung
Anmeldeschluss: Freitag, 15. September 2017
Seminarbeginn: Samstag 23. September 2017, 10:00 Uhr
Seminarende: Samstag, 23. September 2017, 17:30 Uhr
Teilnahmebeitrag: 5 Euro
Seminarort: DGB-Haus München, Schwanthalerstraße 64, 80336 München
Anmeldung: per Mail
20. Mai: Produktivkraftentwicklung in der Marxschen Kritik
Schlagwörter wie „Industrie 4.0“, „Roboter-Kapitalismus“ oder „Hightech-Kapitalismus“ sind in aller Munde. Das gilt nicht nur für die Verteidiger des Kapitalismus, sondern auch für einen Teil der gesellschaftskritischen Denker, die ihre Hoffnung auf Überwindung des Kapitalismus einmal mehr an die fortschreitende Entwicklung der Produktivkräfte knüpfen. Dabei sollte allen klar sein, dass Produktivkraftentwicklung in der kapitalistischen Ökonomie durch die Zielsetzung der Gewinnmaximierung bestimmt wird.
Das Seminar ist in vier Punkte gegliedert. Zunächst soll die Diskussion über Produktivkraftentwicklung in der klassischen Ökonomie vor Marx dargelegt werden. Die entsprechenden Theorien wurden von Marx rezipiert und teilweise anerkannt, obwohl er systematisch über sie hinausging. Als zweites folgt ein Überblick über Themengebiete, denen sich Marx im Rahmen der Kritik der politischen Ökonomie widmete: Produktion des relativen Mehrwerts, Maschinerie und Großindustrie, formelle und wirkliche Unterordnung der Arbeit unter das Kapital, die Theorie des Gesamtarbeiters, „wissensökonomische“ Ansätze („general intellect“) sowie die Rolle der Technik im Rahmen der „Bildungselemente“ einer neuen Gesellschaft. Schon hier ist angedeutet, dass stets ein Bogen von der Frage der Produktivkraftentwicklung zur Klassentheorie bei Marx gespannt wird.
Diese Perspektive wird im dritten und vierten Teil fortgesetzt, wenn die Rezeption und eigenständige Weiterführung der Marxschen Produktivkrafttheorie zunächst von ca. 1960-1980, dann auch in den Debatten der Gegenwart darzustellen ist. Dabei ging es ganz entscheidend um die Frage, wie die Bedingungen der Klassenentstehung und der Klassenzusammensetzung im sich technologisch fortentwickelnden Kapitalismus zu bestimmen sind: Wie verändert sich die Arbeiterklasse als „revolutionäres Subjekt“ im Kontext technologischer Umwälzungsprozesse? Muss die produktivkraftbedingte neue Zusammensetzung der abhängig Beschäftigten gar zu einem „Abschied vom Proletariat“ als Subjekt führen? Oder sind hinter der Dominanz des „general intellect“ innerhalb der kapitalistischen Produktion bereits die Umrisse einer befreiten Gesellschaft zu erkennen?
Referent:
Dr. habil. Jan Hoff, lehrt am Institut für Soziologie der LMU München
Anmeldeschluss: Freitag, 12. Mai 2017
Seminarbeginn: Samstag 20. Mai 2017, 10:00 Uhr
Seminarende: Samstag, 20. Mai 2017, 17:30 Uhr
Teilnahmebeitrag: 5 Euro
Seminarort: DGB-Haus München, Schwanthalerstraße 64, 80336 München
Anmeldung: per Mail
6. Mai: Otto Bauer und der Austromarxismus
Diese Geschichte der österreichischen Sozialdemokratie zwischen den Weltkriegen des 20. Jahrhunderts ist eng verbunden mit dem führenden Theoretiker Otto Bauer (1881 Wien – 1938 Paris) sowie dem Begriff Austromarxismus, der vielfach als die österreichische Schule des Marxismus bezeichnet wird und als dessen zentrales Dokument das Linzer Programm von 1926 der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP) gelten kann.
Hier der Auszug aus einem Text von Otto Bauer in der „Arbeiterzeitung“ vom 3. November 1927 zum Begriff Austromarxismus:
„Wir haben das Wort ein paar Jahre vor dem Kriege zum ersten mal aus dem Munde eines amerikanischen Sozialisten (…) gehört; es hat sich dann ziemlich schnell eingebürgert. Als ‚Austromarxisten‘ bezeichnete man damals eine Gruppe jüngerer, wissenschaftlich tätiger österreichischer Genossen: Max Adler, Karl Renner, Rudolf Hilferding, Gustav Eckstein, Otto Bauer, Friedrich Adler waren die bekanntesten unter ihnen. Was sie vereinigte, war nicht etwa eine besondere politische Richtung, sondern die Besonderheit ihrer wissenschaftlichen Arbeit. (…) Waren Marx und Engels von Hegel, waren die späteren Marxisten vom Materialismus ausgegangen, so sind die jüngeren ‚Austromarxisten‘ teils von Kant, teils von Mach her gekommen. Andererseits haben sich diese jüngeren ‚Austromarxisten‘ an österreichischen Hochschulen mit der so genannten österreichischen Schule der Nationalökonomie auseinandersetzen müssen; auch diese Auseinandersetzung hat die Methode und Struktur ihres Denkens beeinflusst. Und schließlich haben sie alle im alten, von den Nationalitätenkämpfen erschütterten Österreich es lernen müssen, die marxistische Geschichtsauffassung auf komplizierte, aller oberflächlichen, schematischen Anwendung der Marxschen Methode spottende Erscheinungen anzuwenden. (…) Krieg und Revolution haben freilich die ‚austromarxistische‘ Schule aufgelöst: den Diskussionen der Kriegs- und Nachkriegszeit standen die Männer, die dieser Schule angehört hatten, innerhalb des internationalen Sozialismus in verschiedenen, oft entgegengesetzten Lagern. Das Wort ‚Austromarxismus‘ bekam infolgedessen eine andre Bedeutung. Unsere Gegner gewöhnten sich, ganz einfach die österreichischen Sozialdemokraten ‚Austromarxisten‘ zu schimpfen. Das war natürlich Unfug, der Unfug von Unwissenden, die eine politische Partei mit einer wissenschaftlichen Richtung verwechseln“.
Referent:
Magister Johann Huber, Vorsitzender des Bildungsausschusses von ver.di Niederbayern
Anmeldeschluss: Freitag, 28. April 2017
Seminarbeginn: Samstag 6. Mai 2017, 10:00 Uhr
Seminarende: Samstag, 6. Mai 2017, 17:30 Uhr
Teilnahmebeitrag: 5 Euro
Seminarort: DGB-Haus München, Schwanthalerstraße 64, 80336 München
Anmeldung: per Mail
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