29. Juni: Leistungssteuerung und Arbeitsbelastung im digitalen Kapitalismus
Der Taylorismus mit der rigiden Trennung von planenden und ausführenden Arbeiten und streng hierarchischer Kontrolle gehört zu den berühmtesten Beispielen eines Systems betrieblicher Leistungssteuerung. Mit der „Subjektivierung von Arbeit“ und der „Vermarktlichung“ des Unternehmens haben sich neue Formen der Leistungssteuerung durchgesetzt, die die Ursachen klassischer Belastungsfaktoren scheinbar überwinden: Flachere Hierarchien, flexible Arbeitszeiten, mehr Autonomiespielräume und die Nutzung subjektiver Potenziale sind Teil der betrieblichen Arbeitsrealität geworden.
Dies bedeutet für die Beschäftigten allerdings keineswegs weniger Zwang und weniger Belastung. Denn an die Stelle starrer Hierarchien und rigider Prozesskontrolle ist die unmittelbare Konfrontation mit Marktanforderungen, die Steuerung über (marktorientierte) Kennzahlen und die Übertragung unternehmerischer Verantwortung auf die Beschäftigten getreten. In solchen Konstellationen scheinen Beschäftigte oftmals aus eigenem Antrieb und gegen ihre eigenen Interessen arbeitspolitische Regulierungen zu unterlaufen und zur eigenen Leistungsintensivierung beizutragen.
Welche gewerkschaftlichen Handlungsstrategien unter diesen Bedingungen (noch) greifen ist ebenso Gegenstand der Diskussion des Seminars wie jüngste Veränderungen im Verhältnis von Kontrolle und Belastung durch Digitalisierung von Arbeit: So nähren die neue Fülle prozessbezogener Daten, der Einsatz von Assistenzsystemen und digitale Echtzeitsteuerung zum einen Befürchtungen eines „digitalen Taylorismus“, zum anderen verschärfen Vernetzungstechnologien und neue Formen digitaler Arbeitsorganisation die Unmittelbarkeit von Marktabhängigkeiten.
Seminarinhalte
- „Warum arbeiten die Arbeiter?“ – Grundprinzipien betrieblicher Leistungssteuerung
- Marktorientierter Steuerungsmodus und „interessierte Selbstgefährdung“
- Subjektivierung und subjektive Arbeitsansprüche
- Permanente Erreichbarkeit – eine neue Stufe der Entgrenzung durch digitale Technologien?
- Industrie 4.0: Selbstorganisation oder digitaler Taylorismus?
- Eine neue Arbeitsform: Crowdsourcing – digitale Tagelöhner?
- Fazit: Arbeits- und Interessenpolitik im digitalen Kapitalismus
Referent/in:
Dr. Sarah Nies, Institut für sozialwissenschaftliche Forschung München
Prof. Dr. Wolfgang Menz, Fachbereich Sozialökonomie der Universität Hamburg
Seminarbeginn: Samstag 29. Juni 2019, 10:30 Uhr
Seminarende: Samstag, 29. Juni 2019, 17:00 Uhr
Teilnahmebeitrag: 5 Euro
Seminarort: Gewerkschaftshaus München, Schwanthalerstraße 64
Anmeldung: per Mail
Gewerkschaftshaus München
Schwanthalerstraße 64