20. September: Die anarchistische Strömung in der Arbeiterbewegung
Libertäre und antiautoritäre Positionen bilden seit dem Aufstand der Zapatisten in Mexiko 1994 ein Gegengewicht zu Sozialdemokraten, Etatisten und Leninisten, zuletzt bei den Indignados, in der Occupy-Bewegung, bei Protesten in der Türkei und Griechenland. Der anarchistische Professor David Graeber wurde gar als Mastermind einer neuen Linken in den – auch bürgerlichen – Medien abgefeiert.
Auf die wichtige Rolle des Anarchismus als Strömung der sozialistischen Arbeiterbewegung weltweit haben Lucien van der Walt und Michael Schmidt hingewiesen. Anarchosyndikalistische Gewerkschaften waren in Frankreich, Spanien oder Argentinien bis ins 20. Jahrhundert Massenorganisationen, ebenso die syndikalistischen Industrial Workers oft the World (IWW) in den USA. Im Seminar sollen verschiedene theoretische und praktische Ansätze des Anarchismus vorgestellt werden und zwar mit einem Schwerpunkt auf sozialistischen und gewerkschafts-orientierten Strömungen.
Für gewerkschaftsorientierte Linke im 21. Jahrhundert bieten anarchistische Bestandteile durchaus Anregungen: Staatsskepsis, Misstrauen gegenüber Hierarchien und Bürokratien, gerade auch in sozialen Bewegungen und linken Organisationen, Beharren auf Selbsttätigkeit und Basisdemokratie. Weitsichtig war die Kritik von Bakunin und Landauer an parlamentarischen Strategien; Kropotkin lieferte eine fundamentale Kritik des Sozialdarwinismus (während manche Marxisten aus lauter Wissenschaftsgläubigkeit rassenhygienische Ideen übernahmen), Murray Bookchin entwickelte seit den frühen 1950er Jahren eine radikal-ökologische Kritik an den stofflichen Folgen kapitalistischer Akkumulation.
Eine ausgeprägte Marx-Phobie hinderte allerdings viele Anarchisten daran, dessen Kritik der politischen Ökonomie zur Kenntnis zu nehmen. Stattdessen favorisieren viele Anarchisten schräge Zinstheorien, die auf den Antisemiten Pierre-Joseph Proudhon oder den Sozialdarwinisten Silvio Gesell zurückgehen.
Anmeldeschluss: Montag, 15. September 2014
Seminarbeginn: Samstag, 20. September, 10:00 Uhr
Seminarende: Samstag, 20. September, 17:30 Uhr
Seminarort: DGB-Haus München, Schwanthalerstraße 64, 80336 München
Anmeldung: siehe Flyer