DGB Bildungswerk Bayern
12. November: Staat und Recht bei Gramsci und Paschukanis
Den sowjetischee Rechtstheoretiker Jewgeni Bronislawowitsch (Eugen) Paschukanis (1891-1937) entwickelt grundlegende Bestimmungen des Rechts (und damit des Staats) aus zentralen Kategorien des Marxschen „Kapital“, insofern er ausgehend von den freien und gleichen Warenbesitzern und ihrer freien ökonomischen Betätigung die Notwendigkeit einer über den Klassen stehenden Recht setzenden Instanz ableitet (Staat und Recht). Deren Funktion ist es, die kapitalistischen Produktionsverhältnisse aufrechtzuerhalten. Für Paschukanis ist der Staat nicht Staat der Kapitalisten, sondern Staat des Kapitals. Ihm geht es um die Bestimmung der Form „Recht“ und deren Erklärung. Dabei interpretiert er Staat und Recht als spezifische Formen, die der kapitalistischen Gesellschaft eignen und nach deren Abschaffung „absterben“. Diese Position kostete ihn letztlich im Stalinismus das Leben.
Antonio Gramsci (1891-1937) Ausgangsfragestellung lautet: Warum kam es im kapitalistisch unterentwickelten „Osten“ zu einer Revolution, nicht aber im kapitalistisch entwickelten „Westen“ mit starken Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegungen. Seine Analyse zielt auf die gegenüber dem „Osten“ ausgebildeten Strukturen der Überbauten, womit nicht allein der Staat als politischer Organismus über der kapitalistischen Wirtschaft gemeint ist, sondern die Ebene, die Gramsci als „Zivilgesellschaft“ bezeichnet, also Kultur, Vereine, Alltagsleben, Medien etc. Diese bezeichnet er als „Schützengräben“ der kapitalistischen Gesellschaft, die in einem langen „Stellungskrieg“ zu überwinden seien.
Dabei versteht er „Zivilgesellschaft“ nicht wie heute vielfach üblich, als quasi „befreites Gebiet“ frei sich betätigender Bürger jenseits von Ökonomie und Staat, sondern als Instanz der Integration. Kurz: als zentraler Bestandteil bürgerlicher Herrschaft. Gramsci stirbt 1937 an den Folgen langjähriger Haft im faschistischen Italien.
Wir wollen mit diesem Theorieangebot für Einsteiger und Einsteigerinnen Fragen und Probleme anreißen, mit denen kritische Menschen und Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter auch heute konfrontiert sind. Dabei wollen wir die im Seminar erläuterten Erklärungsansätze auf ihre Brauchbarkeit hinsichtlich der gegen-wärtigen ökonomischen und sozialen Entwicklungen überprüfen.
Referenten:
Dr. Ernst Wolowicz, Sozialwissenschaftler
Wolfgang Veiglhuber, DGB Bildungswerk Bayern
Anmeldeschluss: Freitag, 4. November 2016
Seminarbeginn: Samstag, 12. November 2016, 10:00 Uhr
Seminarende: Samstag, 12. November 2016, 17:30 Uhr
Teilnahmebeitrag: 5 Euro
Seminarort: DGB-Haus München, Schwanthalerstraße 64, 80336 München
Anmeldung: per Mail
Weltalphabetisierungstag: Über 500.000 Beschäftigte in Bayern können kaum lesen und schreiben
Anlässlich des Weltalphabetisierungstags am 8. September rufen das DGB Bildungswerk Bayern und der DGB Bayern gemeinsam zu einem verstärkten Engagement für Grundbildung in der Arbeitswelt auf. Renate Schiefer, Koordinatorin des MENTO-Projekts im DGB Bildungswerk Bayern, erklärt: „In Bayern können rund eine Million Menschen zwischen 18 und 64 Jahren nicht richtig lesen und schreiben. Davon sind über die Hälfte erwerbstätig. Diese Beschäftigten müssen praktisch ohne Schrift auskommen, und das in Bayern, wo Schulpflicht herrscht. Nach wie vor spaltet das Bildungswesen die Menschen in zwei Klassen. Der Bildungserfolg hängt weitgehend von der sozialen Herkunft ab.“
Die Beschäftigten stehen ihren Mann und ihre Frau in der Arbeit und sind zuverlässige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihres Betriebes. Sie müssen jedoch auf die Unterstützung anderer zurückgreifen, um schriftliche Arbeitsanweisungen und Warnhinweise zu entschlüsseln oder Neuerungen und Umstrukturierungen im Betrieb mitzutragen. Für die Betroffenen bedeutet dies eine große Hürde. Viele verheimlichen aus Angst um den Arbeitsplatz, dass sie nicht oder nur wenig lesen und schreiben können.
Matthias Jena, Vorsitzender des DGB Bayern, ergänzt: „Betriebe sind ebenfalls von den Grundbildungsdefiziten ihrer Beschäftigten betroffen. Gerade Kolleginnen und Kollegen mit niedrigem Ausbildungsstand werden bei der Weiterbildungsplanung jedoch kaum berücksichtigt. Anstelle dieses Problem selber durch betriebliche Weiterbildungsmaßnahmen anzupacken, schieben die Betriebe allein den Schulen die Verantwortung in die Schuhe. Die Arbeitgeberverbände müssen sich, wie es der DGB schon seit Jahren tut, an einer nachhaltigen Lösung der Alphabetisierungsfrage beteiligen.“
Der DGB wirkt seit 2012 bundesweit an der nationalen Alphabetisierungsstrategie der Bundesregierung mit. Das Projekt MENTO führt in Bayern das DGB Bildungswerk Bayern für Grundbildung und Alphabetisierung in Betrieben und Dienststellen durch.
Das MENTO-Regionalteam nutzt die gewerkschaftlichen Strukturen und Mentoring als Personalentwicklungsinstrument. Interessierte Beschäftigte in Betrieben werden im Rahmen einer Schulung zu Mentorinnen und Mentoren ausgebildet, um dann ihren Kolleginnen und Kollegen zu helfen, die eigenen Potenziale zu entdecken und zu entfalten. Das Regionalteam koordiniert die Netzwerke der Akteure im MENTO-Bayern-Projekt, unterstützt bei der Suche nach geeigneten Lösungen und gewinnt neue Partner.
Die nächste MENTO-Schulung findet im Oktober in München statt. Für nähere Informationen wenden Sie sich bitte an:
Renate Schiefer, DGB Bildungswerk Bayern, Regionalkoordinatorin MENTO Bayern; Schwanthaler Str. 64, 80336 München, Tel.: 089-55 93 36 25 oder per Mail.
Hier geht es zum Beitrag im Bayerischen Fernsehen mit unserer Kollegin Renate Schiefer.
Breites gesellschaftliches Bündnis lehnt CETA und TTIP ab
Am 17. September finden sieben Demonstrationen zeitgleich in Berlin, Frankfurt/Main, Hamburg, Köln, Leipzig, München und Stuttgart statt. Das bundesweite Bündnis "CETA und TTIP stoppen! - Für einen gerechten Welthandel!" reicht von dem globalisierungskritischen Netzwerk Attac und der Bürgerbewegung Campact über den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), den Deutschen Kulturrat, den Paritätischen Wohlfahrtsverband bis zur entwicklungspolitischen Organisation Brot für die Welt und allen großen Natur- und Umweltverbänden von BUND und NABU bis Greenpeace und WWF.
Für den DGB Bayern erklärte die stellvertretende Vorsitzende Dr. Verena Di Pasquale: „Wir Gewerkschaften sprechen uns keineswegs gegen Freihandelsabkommen an und für sich aus. Allerdings wollen wir einen fairen Handel und keinen Welthandel, der Konzerninteressen über die Verbraucherinteressen stellt. In diesem Abkommen fehlen effektiv umsetzbare Regeln, um die Rechte von Beschäftigten zu schützen und zu verbessern. Denn auch dann, wenn Unternehmen gegen Arbeitnehmerrechte verstoßen, bleibt das für sie ohne Konsequenzen. Sanktionsmöglichkeiten gibt es keine. Damit sind Verstöße vorprogrammiert und die vereinbarten Regeln bleiben wirkungslose Papiertiger. Wir aber wollen gute transatlantische Handelsbeziehungen. Den Abbau von Standards und Rechten lehnen wir ab! Fairer Handel heißt für uns, die Rechte der Beschäftigten zu stärken, gute Arbeit und ein gutes Leben zu fördern.“
15. Oktober: Die Europäische Union - Identität und Krise
Die europäische Integration war von Beginn an die Antwort auf gesellschaftliche, politische und ökonomische Krisen: eine unpolitische, rechtlich geregelte Wirtschaftstechnokratie sollte durch die Schaffung eines Gemeinsamen Marktes und einer gemeinsamen Währung die vorausgesetzten Krisen überwinden.
Weil aber die Krisenursachen unaufgeklärt blieben, wurden sie durch technokratische Formen der Integration reproduziert. So hat die europäische Integration stets eine Desintegration im Innern und nach außen produziert. Die ursprüngliche Krise, auf die die europäische Integration die Antwort liefern sollte, war der Zweite Weltkrieg; die nationalsozialistischen Verbrechen wurden verdrängt. Auch die Krise des Kolonialismus in Afrika musste um 1952/58 durch die Integration beantwortet werden.
Die 2007/08 einsetzende Weltfinanz-, Weltwirtschafts- und Weltwährungskrise hat die Reproduktion der Krisen unübersehbar gemacht: Im Inneren der EU sind Arbeitslosigkeit und Armut gestiegen, ist die ungleiche Entwicklung von Mitgliedsstaaten in der Schuldenkrise offenkundig; im Außenverhältnis der EU ist das Verhältnis zu Kriegen, autoritären Regimen und Flüchtlingen, die vor allem aus den einstmals kolonisierten Ländern nach Europa drängen, völlig ungelöst; allgemein sind die Menschenrechte des alten Liberalismus in der neuen Ordnung der Freiheit erledigt, eine neue Moral universaler Humanität ist nicht vorhanden.
Die EU hat, durch die neoliberale und monetaristische Integration, keine Klarheit über die Krise: keine utopische Idee, keine vernunftgegründete Erinnerung, kein Bewusstsein der gesellschaftlichen Verhältnisse. Die neue Freiheit bietet keine Basis einer emanzipatorischen Kritik. Die gesellschaftlich bedeutendste Kritik des Neoliberalismus in der EU ist die rechtspopulistische, die – dem Gegensatz von „Freund und Feind“ (C. Schmitt) folgend – steigenden Konformismus fordert: Rechtspopulismus als Verbindung von Neoliberalismus und Xenophobie.
Die Krisen und die entsprechenden Politiken werden im Seminar weniger in ihren empirischen Details diskutiert, sondern als Ausdruck der neoliberalen EU-Identität.
Referent: Gerhard Stapelfeldt, lehrte bis 2009 als Professor am Institut für Soziologie der Universität Hamburg. Er arbeitet seitdem als freier Autor in Hamburg.
Anmeldeschluss: Freitag, 7. Oktober 2016
Seminarbeginn: Samstag, 15. Oktober 2016, 10:00 Uhr
Seminarende: Samstag, 15. Oktober 2016, 17:30 Uhr
Teilnahmebeitrag: 5 Euro
Seminarort: DGB-Haus München, Schwanthalerstraße 64, 80336 München
Anmeldung: per Mail
Isarinselfest: Lassen Sie sich von uns führen!
Zwischen der Maximiliansbrücke und der Ludwigsbrücke liegen die Isarinseln. An diesem wohl schönsten Isarabschnitt wurde Geschichte geschrieben. Einst florierte der Floßverkehr und brachte die Waren nach München und damit der Stadt die wirtschaftliche Blüte. Die Isarinseln wurden zum Lager- und Umschlagplatz all dieser Waren. Auf der "Praterinsel" eröffnete Anton Gruber im Jahr 1810 einen Vergnügungsplatz nach Wiener Vorbild. Das Muffatwerk und das Müller'sche Volksbad erzählen ihre eigenen Geschichten. Das DGB Bildungswerk München bietet im Rahmen des Isarinselfestes eine kostenlose Führung rund um die Isarinseln an.
Das Isarinselfest holt die Münchner Bevölkerung alljährlich zu einem Fest an ihre Isar. Anknüpfend an die historische Flaniermeile der Münchnerinnen und Münchner um die Jahrhundertwende soll diese Tradition einmal im Jahr für drei Tage wieder ausgelebt werden, so die Veranstalter des Isarinselfestes. Das Gelände zwischen Ludwigs- und Maximiliansbrücke verwandelt sich in den Veranstaltungstagen in ein spannendes Areal auf dem nicht nur Musik, sondern auch Kunst, Sport und Kreativität nicht zu kurz kommen.
Der Infostand des DGB München ist in diesem Jahr an der Brettlbühne (Steinsdorfstraße/Lukaskirche) zu finden. Schwerpunktthema des DGB-Standes ist die Rentenpolittik. Daher wird der DGB München ein Rentenspiel zum Mitmachen anbieten. Außerdem wird es auf der Brettlbühne am Samstag um 17:45 Uhr und am Sonntag um 15:15 Uhr das DGB-Quiz „Wer wird Rentner“ geben. Aber auch die Kleinen kommen nicht zu kurz. Kinder können sich auch dieses Jahr wieder am Stand des DGB München schminken lassen.
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